Ethnographische Forschungsmaterialien zur Archivierung und Nachnutzung vorbereiten - ein Überblick für Forschende

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Michaela Rizzolli, Sabine Imeri und Elisabeth Huber

Ethnografische Forschungsmaterialien zur Archivierung und Nachnutzung vorbereiten und dokumentieren – ein Überblick für Forschende

University of Bremen – Qualiservice Working Papers

QS-WP-6-2024

Empfohlene Zitierung / Suggested Citation:

Rizzolli, Michaela; Imeri, Sabine & Huber, Elisabeth (2024): Ethnografische Forschungsmaterialien zur Archivierung und Nachnutzung vorbereiten und dokumentieren – ein Überblick für Forschende, Qualiservice Working Papers 6-2024, Bremen, https://doi.org/10.26092/elib/2723.

© FDZ Qualiservice, Januar 2024

Impressum

Forschungsdatenzentrum (FDZ) Qualiservice
Universität Bremen

SOCIUM – Forschungszentrum Ungleichheit und Sozialpolitik
Mary-Somerville-Str. 7

UNICOM - Gebäude

D-28359 Bremen

Germany

Webseite: https://www.qualiservice.org
E-Mail: info@qualiservice.org

Vorbemerkung

Diese Handreichung richtet sich insbesondere an Sozial- und Kulturanthropolog:innen, Ethnolog:innen und Empirische Kulturwissenschaftler:innen, aber auch an Forschende anderer Fachrichtungen, die ethnografisch arbeiten. Sie informiert über die Möglichkeiten, Forschungsmaterialien beim Forschungsdatenzentrum Qualiservice für die weitere Nutzung zugänglich zu machen und erläutert die dafür erforderlichen Vorarbeiten.[1] Forschungsmaterial zugänglich zu machen bedeutet hier nicht, dass es frei im Internet einsehbar ist, sondern dass es unter kontrollierten Bedingungen von anderen Wissenschaftler:innen in Forschung und/oder Lehre verwendet werden kann.

Qualiservice ist spezialisiert auf die angemessene Archivierung qualitativer und insbesondere auch ethnografischer Forschungsmaterialien mit sensiblen Inhalten. Archivierung bedeutet dabei zunächst erhaltende Speicherung digitaler Artefakte in einer kontrollierten, sicheren Umgebung – im Unterschied zu mehr oder weniger privaten Speicherpraktiken von Material, das nicht mehr regelmäßig bearbeitet wird.[2] Das eigentliche Ziel der Archivierung geht aber darüber hinaus: Forschungsmaterialien sollen nicht nur erhalten, sondern für weitere wissenschaftliche Nutzungen aufbereitet und zur Verfügung gestellt werden. Der Ressourcenaufwand für den Datenerhalt rechtfertigt sich also vor allem durch die Absicht, Material für weitere Forschungen zugänglich zu machen, unabhängig davon, wann und in welchem Umfang archiviertes Forschungsmaterial tatsächlich nachgenutzt wird.

Damit Archivierung und Nachnutzung überhaupt sinnvoll möglich sind, kann Material nicht einfach auf einer Festplatte oder Ähnlichem bei Qualiservice abgegeben werden. Sollen nicht nur findbare, sondern auch gut nutzbare Datensätze entstehen, ist es vielmehr notwendig, dass Sie vorbereitende Schritte selbst unternehmen, weil Sie Potenziale wie Schwierigkeiten Ihres Materials am besten kennen. Das kann auf den ersten Blick auch erfahrene Forscher:innen vor Herausforderungen stellen. Diese Handreichung soll Ihnen deshalb Einblicke in Verfahren sowie obligatorische wie optionale Schritte ermöglichen und damit einen Eindruck vermitteln, wie Sie die Archivierung Ihres Materials bei Qualiservice gut vorbereiten können. Wesentlich ist, dass alle hier beschriebenen Schritte an den je spezifischen Fall angepasst werden können – und oft auch müssen.

Notwendige Schritte der Vorbereitung von Material für die Archivierung sollen in diesem Sinne immer im Hinblick auf die mögliche Nachnutzung erfolgen. Qualiservice versteht diese Vorbereitung als kooperative Aufgabe (Mozygemba und Kretzer 2022), in deren Zentrum die Zusammenarbeit zwischen Forschenden und Forschungsdatenzentrum steht. Das betrifft zunächst den intensiven Austausch über die Planung der für die Archivierung notwendigen Arbeitsschritte, die Forschende als Expert:innen ihres Materials selbst umsetzen müssen. Es kann zudem notwendig sein, dass Forschende Entscheidungen gemeinsam oder nach Rücksprache mit Partner:innen aus dem jeweiligen Forschungsfeld treffen. Ziel ist, alle vorbereitenden Tätigkeiten sinnvoll so in den Projektverlauf zu integrieren, dass eine intensive Verdichtung der Aufgaben am Projektende bestmöglich vermieden wird, und zwar auch dann, wenn Material aus einem Projekt nicht vollständig archiviert werden soll. Qualiservice unterstützt und begleitet Forschende in diesem Prozess und berät dabei ebenso zu Aspekten des Datenschutzes und der Forschungsethik wie zu Fragen der Kontextualisierung und Anonymisierung von Forschungsmaterialien. Nach der Übergabe an Qualiservice werden alle Materialien nochmals geprüft und kuratiert und – sofern vereinbart, zunächst mit einer Sperrfrist versehen – schließlich für die wissenschaftliche Nachnutzung bereitgestellt. Weil dafür sowohl in einem Forschungsprojekt als auch bei Qualiservice selbst Ressourcen notwendig sind, bietet Qualiservice zudem Unterstützung bei der Kalkulation von Kosten – die in den Projektantrag einfließen kann – schon im Prozess der Antragstellung an.

Idealerweise wenden Sie sich daher bereits bei Projektplanung und Antragstellung an Qualiservice – Sie können uns aber auch zu jedem beliebigen Zeitpunkt ansprechen.

Wir sind uns bewusst, dass ethnografische Forschung kaum standardisierbar ist, sondern unter den Prämissen der Gegenstandsangemessenheit, der methodischen Offenheit und Prozesshaftigkeit feldspezifisch arbeitet und in diesem Sinne spezifisches, weitgehend unikales Material zusammenträgt.[3] Dies im Blick, können die folgenden Erörterungen vermutlich nicht für alle Herausforderungen unmittelbare Lösungen anbieten. Sie zeigen vielmehr Möglichkeiten und Verfahren der Dokumentation und Aufbereitung von ethnografischen Materialien auf, die im Einzelfall und in Kooperation mit Qualiservice flexibel gehandhabt und angepasst werden können.

Ethnografisches Material nachnutzen

Bei Qualiservice archivierte Materialien werden ausschließlich an Wissenschaftler:innen für Nach- bzw. Sekundärnutzungen in Forschung und/oder Lehre zur Verfügung gestellt. Das Potenzial für solche Nutzungen lässt sich kaum vollständig antizipieren – nicht zuletzt, weil umfangreichere Arbeiten auf der Grundlage einer Sichtung und Re-Lektüre vorhandenen Materials durch Dritte und unter anderen Fragestellungen zumindest in den ethnologischen Fächern bisher die Ausnahme sind.[4] Gleichwohl sind vielfältige Szenarien der Nachnutzung denkbar: Archiviertes Material kann für neue Fragestellungen relevant und aufschlussreich sein, auch weil der analytische Gehalt des reichhaltigen und komplexen Materials aus offenen Erhebungsverfahren, die in der primären Forschung letztlich realisierten Analysen in der Regel übersteigt. Insbesondere dann, wenn das Material nicht oder nur in Teilen ausgewertet wurde, könnten Feinanalysen durchgeführt oder Zeitvergleiche angestellt werden. Auch Re-Analysen, die Material aus verschiedenen Forschungsprojekten bzw. in Kombination mit selbst erhobenem Material gemeinsam auswerten, sind denkbar, etwa um gruppen- oder regionenübergreifende Aussagen zu treffen. Archiviertes Material könnte in diesem Sinne auch für breiter angelegte Vergleichsstudien genutzt werden. Auch bei fehlenden oder eingeschränkten Zugangsmöglichkeiten zu bestimmten Forschungsfeldern, bei fehlenden Mitteln für eine eigene Feldforschung oder um einer Überforschung einzelner Felder oder Gruppen (vgl. Hollstein und Strübing 2018: 2) zu begegnen, kann die Sekundärauswertung vorhandenen Materials eine Alternative sein. Archiviertes Material kann sich zudem für die Bearbeitung epistemologischer und methodologischer Fragestellungen eignen. Die Sichtung kann auch dazu dienen, ein eigenes Forschungsprojekt vorzubereiten. Bei Qualiservice archivierte Materialien werden nicht zuletzt auch für die Lehre zur Verfügung gestellt und finden insbesondere in der Methodenausbildung und für die beispielhafte Bearbeitung von Themen aus den Bereichen Forschungsethik, Datenschutz und Forschungsdokumentation Verwendung (siehe etwa Witzel und Reiter 2022).

Material aus ethnografischer Forschung ist eng an die forschende Person gebunden – das für die ethnografische Wissensproduktion so wichtige körperlich-sinnliche Erleben und auch die „epistemic affects“ (Stodulka, Selim und Mattes 2018) der Forschenden bilden sich zwar in „headnotes“ (Ottenberg 1990: 144), aber eben nur begrenzt nachvollziehbar im Material ab.[5] Eine sekundäre Auswertung bekommt damit unvermeidlich einen anderen Charakter als die Analyse selbst erhobenen Materials (Simon 2015). Umso wichtiger ist es daher, Forschungsschritte soweit wie möglich nachvollziehbar zu machen und dazu das Material mit entsprechenden Hinweisen zu versehen, seine Entstehung zu rekapitulieren, Besonderheiten des Feldes, Schwierigkeiten oder auch Umwege, Neujustierungen oder die Einbindung unterschiedlicher Akteur:innen in den Forschungsprozess und ähnliches zu dokumentieren – unabhängig davon, ob Material aus einem Projekt oder einer Studie vollständig oder in Teilen und unabhängig davon, ob Material unmittelbar oder erst nach Ablauf einer Sperrfrist zugänglich gemacht werden kann (siehe Hinweise zur Datenübergabe).

Ethnografisches Material dokumentieren

„Datasets don’t speak for themselves“ (Lederman 2016: 261). Die möglichst umfassende Dokumentation empirischer Forschungsdaten gilt als eine wesentliche Voraussetzung für jede Analyse und jede neue Interpretation der Materialien. Auch Sozial- und Kulturanthropolog:innen, die eigenes Feldforschungsmaterial Jahre nach der Erstellung nochmals unter neuen Blickwinkeln analysiert oder selbst mit archiviertem Material gearbeitet haben, betonen die Bedeutung umfassender Dokumentation (vgl. Åkerström et al. 2004; Geiger et al. 2010). Die Dokumentation soll Informationen bereitstellen, die Nachnutzenden eine angemessene Einordnung und Bewertung und damit ein besseres Verständnis des archivierten Materials ermöglichen.

Soll ethnografisches Material von Dritten verwendet werden, die nicht an der Forschung beteiligt waren, dann ist ein eher technisches Verständnis der Datenbeschreibung, wie sie etwa die Checkliste der DFG zum Umgang mit Forschungsdaten (DFG 2021) oder auch das Informationsportal zu Forschungsdatenmanagement forschungsdaten.info[6] nahelegen, nicht ausreichend. Forschungsdokumentation muss sich vielmehr darüber hinaus auch auf die vielgestaltigen und untrennbar in das empirische Material verwickelten Kontexte eines beobachteten Phänomens (Dilger und Hadolt 2010) und damit auch auf die Kontexte der Materialproduktion selbst erstrecken (vgl. Kraus und Eberhard 2022: 192f). Forschungsdokumentation fußt in diesem Sinne auf Verfahren des möglichst strukturierten Aufzeichnens, Aufschreibens und Sicherns ethnografischer Materialien bereits während des Forschungsprozesses (vgl. Fischer und Beer 2020).

Insofern sind Schritte der Dokumentation für die Archivierung keine vollständig neuen oder zusätzlichen Arbeitsschritte. Vielmehr ist – bei aller Unterschiedlichkeit der individuellen Praxis – die Dokumentation von Wahrnehmungen, Erfahrungen und Eindrücken in Form von Feldnotizen und Memos, Feldtagebüchern oder Gesprächs- und Beobachtungsprotokollen ohnehin Teil des ethnografischen Prozesses. Das gilt auf einer anderen Ebene ähnlich für die Protokollierung gemeinsamer Entscheidungen und Erkenntnisse in Forschungsgruppen, die etwa dazu auffordert, Verständnis- und Lernprozesse zu explizieren und zu reflektieren, für Visualisierungen von Arbeitsprozessen (z.B. Timelines oder Visual Maps) sowie für Arbeits- und Projektberichte. Je frühzeitiger und systematischer Sie Formen der Dokumentation in den Forschungsprozess integrieren können, desto weniger Aufwand wird – mit Blick auf die Archivierung – für die retrospektive Rekapitulation von Arbeitsschritten und Entscheidungen erforderlich sein.

Ein vergleichsweise neues Format ist der Datenmanagementplan (DMP), der die Dokumentation des Umgangs mit Material im Forschungsprozess unterstützen kann.[7] Ein DMP kann auch für die Vorbereitung Ihres Materials zur Archivierung bei Qualiservice nützlich sein, weil damit notwendige Vorkehrungen und Entscheidungen organisatorischer, rechtlicher und technischer Natur frühzeitig getroffen und schriftlich dokumentiert werden. Ein DMP ist ein dynamisches Dokument (sog. living document) und sollte, vor dem Hintergrund der Ergebnisoffenheit und Flexibilität ethnografischen Forschens, laufend aktualisiert und angepasst werden.

Formate der Dokumentation bei Qualiservice

Weil die Dokumentation für das Verständnis ethnografischen Materials so zentral ist, stehen Ihnen dafür bei Qualiservice verschiedene Formate zur Verfügung, die sich in ihrer Funktion und dem Informationsgehalt unterscheiden bzw. auf unterschiedlichen Ebenen angesiedelt sind. Manche dieser Dokumentationsformate müssen obligatorisch erstellt werden, andere stehen optional zur Verfügung. Wir beschreiben im Folgenden das Mögliche. In welchem Umfang und in welcher Tiefe Sie die Dokumentation Ihrer Materialien erarbeiten bzw. einzelne Dokumentationsformate nutzen (können), wird sich projektspezifisch und in Abhängigkeit verfügbarer Ressourcen unterscheiden.

Die Dokumentationsformate unterscheiden sich mit Blick auf ihre Zugänglichkeit und Sichtbarkeit im Internet. Sie bilden damit gleichzeitig einen idealtypischen Weg bzw. eine Reihenfolge ab, in der potenzielle Nutzer:innen bei der Recherche auf archiviertes Material aufmerksam werden und in der sie sich dem Material schrittweise annähern können.

 

 

Annäherung an das archivierte Material

Format Zugänglichkeit Funktion
Metadaten öffentlich zugänglich „Fernglas“, um erste grobe und formalisierte Informationen über das Material zu erhalten
Studienreport öffentlich zugänglich „Schaufenster“ in das Forschungsvorhaben und das Material, um ausführlichere Informationen zu erhalten
Mikro-Metadaten zugänglich nach Registrierung „Lupe“, um detailliertere Informationen zu einzelnen Materialien innerhalb einer Datenkollektion zu erhalten
Feldreport zugänglich mit Nutzungsvertrag „Wegweiser“ durch das ethnografische Material zur weiteren Einordnung ggf. auch ethischer Fragen und um sensible Informationen zum Forschungsverlauf zu erhalten
Forschungsmaterial und zusätzliches Kontextmaterial zugänglich mit Nutzungsvertrag Forschungs- und Kontextmaterial kann je nach Einstufung entweder extern heruntergeladen oder vor Ort unter streng kontrollierten Bedingungen genutzt werden

Abbildung 1: Formate der Dokumentation bei Qualiservice

Metadaten

Die archivierten Forschungsmaterialien werden durch ausführliche Metadaten beschrieben, die sicherstellen, dass das Material überhaupt gefunden und dann auch genutzt werden kann.

Metadaten sind strukturierte Informationen, die die archivierten Forschungsmaterialien beschreiben – vergleichbar etwa mit Informationen über Publikationen in Bibliothekskatalogen. „Strukturiert“ bedeutet in diesem Zusammenhang, dass in vordefinierten Feldern allgemeine Informationen z.B. zu Art (Beobachtungsprotokoll, Interviewtranskript etc.) und Umfang des Materials, zu Ort und Zeit der Materialerstellung sowie ggf. Nutzungseinschränkungen (z.B. Sperrfristen) und Ähnliches erfasst werden.

Metadaten sind erforderlich, damit Forschungsdaten nicht nur bei Qualiservice, sondern auch in übergreifenden Portalen und Suchmaschinen[8] – national wie international sowie über Institutionen und Fachgrenzen hinweg – recherchiert werden können. Metadaten können bei Qualiservice teilweise oder vollständig mehrsprachig erfasst werden, um die Auffindbarkeit und Sichtbarkeit des Materials auch im internationalen Kontext zu fördern.[9]

Metadaten vermitteln – gemessen an der inhaltlichen Dichte des Materials selbst – ähnlich einem „Fernglas“ nur grobe, rudimentäre Informationen über ein Projekt oder eine sog. Datenkollektion, in der Forschungsmaterialien nach unterschiedlichen Kriterien zusammengefasst werden (siehe Material in Datenkollektionen ordnen). Gleichzeitig sind sie aber die Ebene der Materialbeschreibung, auf die Personen, die nach Forschungsdaten suchen, als erstes stoßen. Sie sind öffentlich zugänglich, durchsuchbar und vermitteln einen ersten Eindruck des archivierten Materials.

Qualiservice bietet an, neben verpflichtenden Metadaten auch optionale Informationen zu erfassen. Die Pflichtmetadaten umfassen im Wesentlichen allgemeine Informationen zu einer Forschung bzw. zu einem Projekt wie den Titel, ein Abstract, den Forschungsgegenstand, den Förderzeitraum etc. Die optionalen Elemente bieten die Möglichkeit, weitere und spezifischere Informationen über das Projekt zur Verfügung zu stellen, wie etwa räumliche[10] und weitere zeitliche Angaben, Informationen zum methodischen Vorgehen, Förderinstitutionen etc.[11] Dies ermöglicht Forschenden, von Fall zu Fall zu entscheiden, welche Informationen in Form von Metadaten öffentlich zugänglich sein können und welche womöglich problematisch bzw. zu sensibel wären. Gleichwohl gilt: Je umfangreicher die frei zugänglichen Metadaten sind, desto besser können Daten gefunden werden, und desto präziser können interessierte Wissenschaftler:innen schon in diesem ersten Rechercheschritt das Potenzial archivierten Materials für die eigene Fragestellung einschätzen.

Im Zuge der Datenübergabe werden Sie daher gebeten, Metadaten zu ihrem Material zu erfassen. Qualiservice stellt dafür ein Webformular[12] zur Verfügung, das vordefinierte Felder und Termini zur Beschreibung bereithält, aber auch Raum lässt für fach- und projektspezifische Angaben. Qualiservice unterstützt und berät Sie bei der Erstellung der Metadaten, überprüft die Eingaben nochmals und nimmt in Rücksprache mit Ihnen ggf. Ergänzungen vor.

Im Rahmen der sogenannten verteilten Archivierung bietet Qualiservice zudem die (virtuelle) Verknüpfung mit Datensätzen in anderen Datenzentren an, z.B. wenn Sie mit Mixed-Methods-Ansätzen gearbeitet haben..[13] Diese Verknüpfung wird mit Hilfe der Metadaten realisiert, sodass der gemeinsame Projektentstehungskontext sowie die Beziehungen des Materials sichtbar erhalten bleiben.

Studienreport

Der Studienreport dient – über die Metadaten hinaus – als eine Art „Schaufenster“ (Heuer et al. 2020: 5), das Interessierten einen genaueren Eindruck von Art, Inhalt und dem Entstehungskontext des bei Qualiservice archivierten Materials sowie ggf. den Bedingungen für die Nachnutzung vermittelt. Wenn Sie Forschungsmaterialien bei Qualiservice archivieren möchten, ist die Anfertigung eines Studienreports deshalb unerlässlich. Der Studienreport ist zudem im Suchportal von Qualiservice[14] als Volltext durchsuchbar und trägt damit auch zur Auffindbarkeit Ihrer archivierten Forschungsmaterialien bei.

Der Studienreport wird auf dem Dokumentenserver der Staats- und Universitätsbibliothek Bremen als eigenständige Internet-Publikation frei zugänglich veröffentlicht und erhält einen persistenten Digital Object Identifier (DOI). Es ist deshalb notwendig, dass Sie Formulierungen wählen, die für die Veröffentlichung geeignet sind, und ggf. Pseudonymisierung bzw. Anonymisierung mitdenken (siehe Pseudonymisierung und Anonymisierung). Sie sollten dann darauf achten, dass das zugrunde gelegte Anonymisierungskonzept (vgl. Kretzer 2013 und Mozygemba und Hollstein 2023) dasselbe ist, mit dem Sie auch die Forschungsmaterialien selbst sowie Ihre darauf basierenden weiteren Publikationen bearbeitet haben. Studienreports können in Umfang und Ausführlichkeit variieren (vgl. z.B. Broocks 2021 und Weiß et al. 2022). Qualiservice empfiehlt auch hier, so viele Informationen wie möglich im Studienreport zu publizieren, damit sich interessierte Forschende ein möglichst genaues Bild von Ihrem Material und dessen Potenzial für eine mögliche Nachnutzung machen können.

Der Studienreport bietet damit auch einen Rahmen, zentrale Aspekte des Forschungsprozesses explizit in einer eigenständigen Publikation zusammenzuführen. Qualiservice unterstützt und berät Sie bei der Erstellung des Studienreports individuell sowie mit einer Handreichung (Heuer et al. 2020) und einer Autor:innenvorlage.

Ein Studienreport kann beispielsweise Angaben zu folgenden Punkten enthalten:

  • allgemeine Ausführungen zum Forschungsvorhaben, zum Forschungsgegenstand und dem administrativen wie organisatorischen Rahmen (z.B. Förderprogramm und Förderdauer, Affiliation und Projektleitung)
  • Angaben zu den Zielen und Fragestellungen sowie die Darstellung des theoretischen Bezugsrahmens und konzeptionelle Begriffsklärungen
  • Erläuterungen zur methodischen Herangehensweise, zu verwendeter Software und Tools (wie z.B. MAXQDA[15] oder AntConc[16]), ggf. vorhandene Gesprächsleitfäden können als Anhang beigefügt werden
  • eine Skizze von Feldzugang, Erhebungs- und Auswertungsstrategien, die idealerweise einen Einblick in die konkrete Arbeitspraxis gibt (siehe Abbildung 2: Orientierungsfragen für ethnografische Forschungsansätze)
  • projektspezifische Informationen, wie etwa die Darstellung der Arbeitsteilung bei der Auswertung im Team und/oder die gemeinsame Organisation und Bearbeitung von Material und Dokumenten
  • Beschreibung und Begründung der Auswahl der archivierten Materialien, Hinweise auf Relationen zwischen bzw. den inneren Zusammenhang von verschiedenen Materialien, Hinweise auf ggf. nicht archiviertes Material aus demselben Forschungskontext
  • Informationen zu Schritten der Aufbereitung für die Nachnutzung, z.B. zu Maßnahmen zur Pseudonymisierung und Anonymisierung
  • Informationen zur Umsetzung rechtlicher Anforderungen (z.B. Informierte Einwilligung) und ggf. Hinweise auf feldspezifische ethische Aspekte)
  • Sofern das Material in Forschungskooperationen, Forschungsverbünden und/oder internationalen Projekten entstanden ist, sollten auch etwaige Besonderheiten beschrieben werden; dazu können unterschiedliche Rechtslagen und Genehmigungspflichten in den beteiligten Ländern gehören oder vertragliche Vereinbarungen mit Partnerinstitutionen, die Auswirkungen auf die Forschung hatten
  • Überlegungen zum Nachnutzungspotenzial des Materials und den spezifischen Anforderungen an die Weiternutzung.
Mit Blick auf ethnografische Forschungsansätze können hier folgende und ähnliche Fragen Orientierung geben bzw. als Anregung dienen:
  • Wurden z.B. Protokolle/Notizen tageweise verfasst oder wurden bestimmte Situationen wiederkehrend beobachtet und dokumentiert? In welcher Form, in welcher Detailtreue und Sprache wurden Beobachtungen notiert? Werden wortwörtliche Ausdrücke erwähnt?
  • Welche Techniken wurden beim Verfassen von Beobachtungsprotokollen, Feldnotizen, Feldtagebüchern und anderen Materialien eingesetzt, z.B. sinnhafte Rekonstruktion, Kontrastierung, Verfremdung?
  • In welchen Formaten bestehen Beobachtungsprotokolle, liegen neben Text etwa auch Fotos, Skizzen oder andere multimodale Materialien vor?
  • Wird die eigene Rolle als Forscher:in thematisiert, z.B. die eigene Körpersprache und das eigene Verhalten, die Beziehungsarbeit oder Emotionen, und wenn ja, in welcher Form?
  • In welchen Settings und Situationen wurden die Materialien angefertigt?
  • Wie wurde bei Interviews die Leitfadenentwicklung gestaltet? Inwieweit und warum wurde vom Leitfaden abgewichen, wurde dieser im Laufe der Erhebung angepasst?
  • Wie gestaltete sich der Prozess des Einholens informierter Einwilligungen?
  • Haben sich aus Erkenntnissen Rückwirkungen auf den Forschungsprozess ergeben, wie etwa Modifizierungen und Anpassungen von Forschungsfragen und Forschungsdesign?

Abbildung 2: Orientierungsfragen für ethnografische Forschungsansätze

Mikro-Metadaten

Mikro-Metadaten stellen detaillierte Informationen zu einzelnen Dateien innerhalb einer Datenkollektion (siehe Material in Datenkollektionen ordnen) zur Verfügung. Sie enthalten – in Abhängigkeit vom konkreten Material – zusätzliche Informationen etwa zur sozialen Einbettung einer konkreten Beobachtungssituation (Marktplatz, Patientengespräch, Straßenfest etc.) oder zu Forschungsteilnehmer:innen (z.B. Geschlecht, Alter, Beruf). Außerdem kann in Mikro-Metadaten erfasst werden, zu welchem Zeitpunkt, an welchem Ort und mittels welcher Methoden beispielsweise ein Beobachtungsprotokoll angefertigt wurde und welche Inhalte und Themen darin vorkommen. Auch spezifische Dateiinformationen (z.B. Dateiname und das technische Format) und – mit Blick auf den Erhalt von Komplexität besonders wichtig – die Zusammenhänge zwischen Dateien (z.B. Audio-Aufnahme und Transkript eines Interviews sowie Fotos derselben Interviewsituation) können durch Mikro-Metadaten vermittelt werden. Dementsprechend können sie – ähnlich einer „Lupe“ – dazu beitragen, dass interessierte Wissenschaftler:innen Materialien finden, die möglichst gut zu ihrem Anliegen passen. Mikro-Metadaten sind für Nutzer:innen nur nach vorheriger Online-Registrierung[17] einsehbar.

Im Zuge der Datenübergabe fertigen Sie eine Übersicht der Materialien an, die sie an Qualiservice übermitteln. Diese Übersicht nutzt Qualiservice in Absprache mit Ihnen gleichzeitig zur Erstellung von Mikro-Metadaten. Qualiservice stellt für die Übersicht eine geeignete Vorlage im Tabellenformat zur Verfügung. Zur Vorbereitung und Erleichterung dieses Arbeitsschritts empfiehlt Qualiservice die fortlaufende Pflege der Tabelle bereits während des Forschungsprozesses.

Feldreport

In Abhängigkeit vom Forschungsfeld und dem zu archivierenden Material wird es mehr oder weniger regelmäßig Informationen geben, die zwar nicht öffentlich zugänglich in den Metadaten oder im Studienreport hinterlegt werden können, für das Verständnis des Forschungsprozesses bzw. der Forschungsmaterialien aber hilfreich oder notwendig sind. Qualiservice bietet deshalb die Möglichkeit, solche Informationen und Hinweise optional im sogenannten „Feldreport“ zu archivieren.

Der Feldreport dient – ähnlich einem „Wegweiser“ – der weiteren Einbettung des archivierten Materials und der Orientierung für Nachnutzende. Er lässt sich in diesem Sinne als zusätzliche Anleitung und Hilfestellung für Personen, die Ihre Materialien nutzen und weiter bearbeiten möchten, charakterisieren und kann auch zur Einordnung feldspezifischer ethischer Fragen genutzt werden – sofern die nicht im offen zugänglichen Studienreport dargelegt werden können. Eine Leitfrage könnte sein: Welche Informationen benötigen Dritte ergänzend zu den Metadaten, dem Studienreport und ggf. zu Ihren Publikationen, damit sie das archivierte Material und z.B. das Vorgehen im Feld angemessen verstehen können? Damit einher geht der Versuch, implizites Wissen aus dem Feld, Überlegungen zur Beziehungsgestaltung und Positionalität im Feld sowie leibliche Erfahrungen und sinnliche Eindrücke, die zwar konstitutiv für den Prozess der ethnografischen Wissensgenerierung sind, sich aber nur begrenzt datenförmig abbilden, diskursiv so weit wie möglich verfügbar zu machen. Dies gilt insbesondere dann, wenn Feldnotizen nicht archiviert werden sollen oder können.

Sofern mit Blick auf ethische Fragestellungen, Machtdynamiken und historische Kontexte oder affektive Dynamiken im Feld die Informationsdichte in den öffentlich zugänglichen Formaten der Dokumentation (Metadaten und Studienreport) reduziert werden muss, kann dieses Dokument auch zur Weitergabe solcher Informationen genutzt werden. Auch sensible Informationen über die Forschenden selbst (z.B. Feldforschung mit Partner:in oder Kindern, Wohnen im Feld, Schwierigkeiten und Lücken) können vielleicht nicht öffentlich zugänglich, aber unter Umständen im Feldreport transparent und nachvollziehbar gemacht werden.

Sie entscheiden selbst, ob Sie einen Feldreport anfertigen. Qualiservice lässt die Wahl der konkreten Form, des Umfangs und Inhalts des Feldreports bewusst offen: Die konkrete Gestalt hängt vielmehr davon ab, welchen Bedarf Sie sehen, Nachnutzenden zusätzliche Hinweise zum Forschungsprozess zu geben. Welche Aspekte in den Metadaten, im Studienreport oder im Feldreport wie gewichtet werden, wird sich entsprechend von Projekt zu Projekt unterscheiden. Unabhängig von der konkreten Form steht dieses Dokument – wie das eigentliche Forschungsmaterial auch – nicht frei im Internet zur Verfügung, sondern ist ausschließlich unter kontrollierten Bedingungen (siehe Hinweise zur Datenübergabe) einsehbar.

Zusätzliches Kontextmaterial

Darüber hinaus können Sie ergänzende Materialien unterschiedlicher Art, die Sie für das Verständnis Ihres Forschungsmaterials als relevant erachten, bei Qualiservice archivieren und für die Nachnutzung zur Verfügung stellen. Dazu können z.B. Materialien gehören, die zur Vorbereitung der ethnografischen Forschung dienten, wie etwa Leitfäden, Beobachtungs-bögen oder Dokumente zur Kontaktaufnahme mit potenziellen Forschungsteilnehmer:innen (z.B. Anschreiben, Flyer, Aushänge, Anzeigen, Vorlage für die Einwilligungserklärung). Die Archivierung ausgefüllter und unterschriebener Einwilligungserklärungen ist bei Bedarf – und unter speziellen Sicherungsvorkehrungen – ebenfalls möglich. Auch Material, das im Zuge der Interpretation und Auswertung entstanden ist, wie etwa Codelisten, Kategorienschemata, aber auch Fallanalysen und Zusammenfassungen können geeignet sein. Sofern Exportdateien aus Programmen der computergestützten Datenanalyse wie MAXQDA oder ATLAS.ti[18] mit archiviert werden, können Nachnutzende über Memos und Codierungen Einblicke in die Auswertungsschritte erhalten. Wurden die Forschungsmaterialien in Arbeitsgruppen und Forschungswerkstätten gemeinsam interpretiert, können ggf. auch Protokolle dieser Sitzungen als ergänzendes Kontextmaterial archiviert werden. Das gilt auch für die Dokumentation der Nutzung von Zitaten, Exzerpten oder Bildern für Publikationen und Vorträge. Darüber hinaus können auch von Dritten erstellte Dokumente, Materialien oder Leitlinien, die arbeitspraktisch und/oder thematisch mit Ihrem Material in Zusammenhang stehen, Anträge oder Berichte aus dem Projekt einen wichtigen Beitrag zum Verständnis liefern – sofern die Archivierung urheberrechtlich möglich ist.

Wenn Sie mit Beteiligung von NGOs, Unternehmen, lokalen Behörden oder Community Organizations geforscht haben, können Sie überlegen, ob Vereinbarungen zur Zusammenarbeit oder dem Umgang mit Informationen und Forschungsdaten, Vertraulichkeitserklärungen und Verschwiegenheitspflichten mit archiviert werden können. Wichtig hierbei ist, dass Qualiservice diese Kontextmaterialien wie die Forschungsmaterialien selbst behandelt. Sie sind entsprechend nicht öffentlich zugänglich und können ggf. unter besonderen Schutz- und Sicherheitsmaßnahmen archiviert werden.

Ethnografisches Material für die Archivierung und Nachnutzung vorbereiten

Die folgenden Ausführungen sollen Ihnen erste Ideen nahebringen, wie Sie mit Blick auf die Archivierung und die Nachnutzung über Ihr Material nachdenken können, und gleichzeitig Einblicke in die Archivierungspraxis bei Qualiservice ermöglichen. Weiterführende Überlegungen und spezifische Fragen zu konkreten Materialien lassen sich hingegen häufig am besten in individuellen Beratungsgesprächen klären. Qualiservice unterstützt Sie in diesem Sinne bei allen Schritten, die Sie vorbereitend unternehmen können.

Bei Qualiservice können im Grundsatz alle Arten ethnografischen/qualitativen Forschungsmaterials archiviert werden. Wie oben ausgeführt, ist in aller Regel das Ziel, dieses Material auch für wissenschaftliche Nachnutzungen zur Verfügung zu stellen. Für internetbasierte und Social Media Daten werden aktuell Möglichkeiten der sinnvollen Archivierung und Nachnutzung eruiert.[19]

Qualiservice überprüft, ob die datenschutzrechtlichen Anforderungen an die Verarbeitung von Daten und Informationen erfüllt sind. Die Übergabe von Material, das personenbezogene Informationen enthält, z.B. in Konvoluten von Fotos oder Videoaufzeichnungen, ist immer dann möglich, wenn eine informierte Einwilligung der Betroffenen zur Übermittlung, Archivierung und weiteren wissenschaftlichen Nutzung vorliegt[20] oder eine andere Rechtsvorschrift[21] dies erlaubt (siehe Pseudonymisierung und Anonymisierung). Eine informierte Einwilligung kann mündlich, schriftlich oder elektronisch (z.B. durch eine E-Mail oder ein Webformular) erfolgen. Unabhängig von dieser Formfreiheit wird – um der Nachweispflicht bestmöglich gerecht werden zu können – gerade mit Blick auf sensible Daten im Allgemeinen die Schriftform empfohlen (Baumann, Krahn und Lauber-Rönsberg 2021: 195). Qualiservice stellt auf seiner Webseite DSGVO-konforme Vorlagen zur Verfügung, die Sie bei Bedarf nutzen und an die Erfordernisse Ihres Projektes individuell anpassen können.[22] Sofern das Einholen der schriftlichen Zustimmung nicht möglich oder angemessen ist, ist es wichtig, dass Sie die Einwilligung in anderer Form dokumentieren.[23] Bei Fragen zur Informierten Einwilligung unterstützt Qualiservice Forschende im Rahmen von individueller Beratung sowie mit einer Handreichung (Kretzer et al. 2020), die den ethischen und rechtlichen Hintergrund erläutert.

Notwendig ist ggf. zudem die Klärung von Urheberrechten, insbesondere bei Material, das Sie nicht selbst oder auch gemeinsam mit Personen im Forschungsfeld erstellt haben, wie etwa Zeitungen, veröffentlichte Filme, Dokumente, Flyer, Plakate, Archivmaterial und Ähnliches. Sollten rechtliche Klärungen erforderlich sein, können Sie sich an die zuständigen Stellen (Datenschutzbeauftragte, Rechtsabteilung, Beratungsstellen zu Forschungsdaten-management etc.) an Ihrer Hochschule bzw. Forschungseinrichtung wenden.

Zu technischen Dateiformaten macht Qualiservice derzeit keine standardisierten Vorgaben, empfiehlt jedoch die Verwendung von Dateiformaten, die die weitere Bearbeitung im Kurationsprozess erlauben.[24] Sofern Sie handschriftliche Notizen angefertigt haben, können Sie auch diese – in digitalisierter, also gescannter Form – bei Qualiservice archivieren.

Forschungsmaterialien für die Archivierung auswählen

Es ist nicht immer möglich – und auch nicht zwingend notwendig – Materialien aus einem Projekt vollständig zu archivieren und für die Nachnutzung zugänglich zu machen (vgl. DGSKA 2019). Bei der Beurteilung kommt es immer auf den Einzelfall an, dennoch gibt es einige generelle Anhaltspunkte, die Ihnen bei der Entscheidung helfen können.

Eine Auswahl kann zunächst Material mangelnder technischer Qualität (z.B. missglückte “Schnappschüsse”) ausschließen. Es kann zudem notwendig und sinnvoll sein, aus ethischen oder rechtlichen Gründen eine Auswahl aus einem Materialkorpus zu treffen und bestimmte Dokumente, einzelne Textpassagen oder Bilder von vornherein nicht zu berücksichtigen. Auch persönliche Informationen über die Forschenden selbst können unter Umständen zum Ausschluss führen.

Weil ethnografische Forschung in den allermeisten Fällen im engen Austausch von Forschenden und Forschungsteilnehmer:innen stattfindet, kann es notwendig und/oder ethisch angemessen sein, Forschungsteilnehmer:innen in Entscheidungsprozesse über die Auswahl und Weitergabe der Daten einzubinden (vgl. Kraus und Eberhard 2022, 191). Personen, die insgesamt in besonderer Weise an der Erstellung bzw. der Aufbereitung des Materials beteiligt waren, können namentlich z.B. in den Metadaten genannt werden, sofern diese Angaben aus rechtlichen oder ethischen Gründen nicht pseudonymisiert bzw. anonymisiert werden müssen.

Bedenken Sie, dass die Auswahl in erheblichem Maße mit bestimmt, welche Nachnutzungs-szenarien möglich sind. Auswahlentscheidungen sollten idealerweise in den Studienreport, alternativ auch in den Feldreport Eingang finden, damit ein Verständnis für die originäre Zusammensetzung des Materialkorpus ermöglicht wird. Für Forschungsmaterialien, die nicht archiviert werden, sollten im Idealfall ein knapper Überblick über die Materialien und Hinweise auf die Gründe für den Ausschluss notiert werden. Qualiservice kann Sie bei grundlegenden Fragen zur Auswahl beraten. Da Sie als forschende Person Ihr Material sowie die Umstände und Kontexte Ihrer Forschung am besten kennen, liegt die konkrete Auswahlentscheidung aber bei Ihnen.[25]

Material in Datenkollektionen ordnen

Unabhängig von möglichen Auswahlentscheidungen ist ethnografisches Material äußerst komplex und heterogen. Heterogen im Sinne einer großen Vielfalt an Materialarten – Beobachtungs- und Gesprächsprotokolle, Interviews, Feldnotizen, Fotos, Filme, Mappings etc. – komplex, weil Material aufeinander Bezug nimmt, sich wechselseitig kommentiert, erweitert und ergänzt (Amann und Hirschauer 1997: 16). Es ist ein besonderes Anliegen von Qualiservice, bei der Archivierung die Komplexität – die im je konkreten Projektzusammenhang unterschiedlich gewichtet und unterschiedlich gut zu dokumentieren sein kann – soweit wie möglich zu erhalten.

Abbildung 3: Material nach unterschiedlichen Kriterien in Datenkollektionen zusammenfassen (Beispiel)

Ein wesentliches Element der Materialordnung sind bei Qualiservice die sogenannten Datenkollektionen. In Datenkollektionen können zum Beispiel Materialien derselben Art zusammengefasst werden: Interviews zu einer Datenkollektion, Beobachtungsprotokolle zu einer weiteren, Fotos zu einer dritten, usw. Materialien können aber auch nach anderen Kriterien wie etwa Entstehungsort[26], Entstehungszeitpunkt oder Ereignissen gruppiert werden, um die Beziehungen zwischen den Daten zu erhalten. Datenkollektionen werden durch die oben erwähnten Mikro-Metadaten ergänzt, die einen Überblick über den Inhalt einer Datenkollektion ermöglichen.

Qualiservice versucht im Regelfall, die Materialordnung und -struktur, die Sie bereits im Forschungsprozess erarbeitet haben, in Datenkollektionen zu überführen und/oder mit Ihnen gemeinsam abzustimmen. Wenn Sie bereits im Forschungsprozess eine Übersicht der Materialien angelegt haben, erleichtert dies die hierfür notwendigen Entscheidungen. Qualiservice stellt für diese Übersicht eine Vorlage zur Verfügung – die oben bereits beschriebene Tabelle (siehe Mikro-Metadaten), die damit für unterschiedliche Arbeitsschritte in der Archivierungsvorbereitung genutzt werden kann.

Im Folgenden greifen wir einige Aspekte und Fragen auf, die sich im Umgang mit bestimmten Materialarten stellen bzw. die mit Blick auf die Nachnutzung ethnografischen Materials besondere Relevanz haben können. Die Ausführungen sollen Ihnen als Anregung dienen, wie sich einzelne Materialarten für die Archivierung vorbereiten lassen. Abhängig vom konkreten Material und von verfügbaren Ressourcen wird sich die konkrete Umsetzung projektspezifisch unterscheiden.

Hinweise zu einzelnen Materialarten

Wenn Interviewtranskripte archiviert werden, können sie mit ergänzendem Material – wie bspw. Postskripta, die für das Verständnis wesentlich sein können – angereichert werden. Die Transkriptionsweise wird von Qualiservice nicht vorgegeben, empfohlen wird lediglich, das Transkriptionsverfahren zu dokumentieren. Sofern Sie die Interviewtranskripte pseudonymisieren bzw. anonymisieren (siehe Pseudonymisierung und Anonymisierung), achten Sie auf ein möglichst einheitliches Vorgehen und versuchen Sie auch hier, Entscheidungen nachvollziehbar zu dokumentieren. Dafür käme in der Regel der Studienreport, alternativ auch der Feldreport infrage.

Audioaufnahmen können eigenständig archiviert werden, unabhängig davon, ob gleichzeitig auch Transkriptionen der aufgezeichneten mündlichen Interaktionen an Qualiservice übergeben werden. Aufnahmen können auch ausschließlich non-verbale Informationen und akustische Ereignisse dokumentieren – denkbar ist z.B. die Archivierung von alltäglichen Geräuschkulissen, Klangräumen oder Soundscapes, die etwa im Rahmen ethnografischer Forschung/sensorischer Ethnografie aufgezeichnet werden. Für das bessere Verständnis des Materials ist es in der Regel sinnvoll, den Entstehungszusammenhang und den Stellenwert der Aufnahmen im Studienreport, alternativ auch im Feldreport, zu erläutern. Vor allem bei Audioaufnahmen ohne dazugehöriges Transkript bietet es sich an, im Forschungsprozess ggf. generierte Zeitmarken und Kodierungen mit zu archivieren, um die Navigation durch die Aufzeichnung zu erleichtern. Sofern Audioaufnahmen personenbezogene Informationen enthalten, werden sie bei Qualiservice besonders geschützt.

Auch Fotos und anderes Bildmaterial können archiviert werden. Sofern Fotos und Bilder personenbezogene Daten enthalten und eine Pseudonymisierung bzw. Anonymisierung nicht sinnvoll umgesetzt werden kann, werden auch sie besonders geschützt. Für die Verwaltung und Sortierung von Fotos kommt bei Qualiservice derzeit das Bildverwaltungsprogramm Tropy[27] zum Einsatz. Qualiservice empfiehlt Forschenden, diese kostenfreie Software für die Verwaltung von Fotos und Bildmaterial zu nutzen, weil hiermit u.a. eine nutzerfreundliche Erfassung von Metadaten (z.B. Titel, Urheber:in, Entstehungszeitpunkt), aber auch eine einfache Übermittlung an Qualiservice möglich ist. Um das Verständnis des Materials zu erleichtern, können Fotos in Tropy zudem mit Notizen versehen werden, die weitere Informationen zur Abbildung und zum Zustandekommen der Bilder festhalten.

Feldnotizen und Beobachtungsprotokolle entstehen häufig in oder unmittelbar nach einer konkreten Beobachtungssituation. Sofern sie nicht „nur“ als unmittelbare Erinnerungsstützen dienen und ungeordnete und für Außenstehende unverständliche Notizen enthalten, sollten Sie über die Archivierung nachdenken. Ausführliche Beschreibungen sind ein besonders reichhaltiges Material und können ein hohes Maß an Nachvollziehbarkeit gewährleisten. Es kann deshalb sinnvoll sein, die Nachnutzung gerade dieses wertvollen Materials mit weiteren Schritten zu erleichtern. Sie können z.B. Themen und Sachgebiete kennzeichnen oder einen Index erstellen. Sofern angemessen, können Feldnotizen und Beobachtungsprotokolle auch kodiert und damit im Detail erschlossen archiviert werden.

Wenn Sie ein Feldtagebuch geführt haben, können Sie in Erwägung ziehen, es mit zu archivieren. Was ein Feldtagebuch beinhaltet und wie es geführt wird, ist bekanntermaßen nicht klar definiert und hängt stark von individuellen Vorlieben und feldspezifischen Bedingungen ab (vgl. Sanjek 1990). Stärker themen- oder methodenbezogene Notizen können mit persönlicheren Reflexionen, etwa auch über Emotionen im Feld, verwoben sein. Wir sind uns bewusst, dass Feldtagebücher individuell und in vielen Fällen ein Material sind, in dem die forschende Person selbst besonders stark hervortritt. Feldtagebücher können daher gerade mit Blick auf die Forschenden selbst besonders sensibles, gleichzeitig aber auch besonders reichhaltiges und wertvolles Material sein.

Es kann insofern auch sinnvoll sein, nur Teile des Tagebuchs zugänglich zu machen, oder – etwa bei groben Verständnisschwierigkeiten – Überarbeitungen, Glättung, Korrektur oder stilistische Verfeinerung in Erwägung zu ziehen. Es ist auch möglich, persönlichere Passagen zu kennzeichnen und vor der Archivierung aus dem Dokument zu entfernen. Um dem hohen Schutzbedürfnis von Feldtagebüchern Rechnung zu tragen, können sie – wie andere Materialien auch – überdies mit einem Embargo für eine bestimmte Zeit geschützt werden (siehe Hinweise zur Datenübergabe). Sie sind dann erst nach Ablauf dieser Frist für Nachnutzungen zugänglich.[28] Entsprechende Informationen können ggf. im Studienreport und/oder Feldreport gegeben werden.

Pseudonymisierung und Anonymisierung

Ethnografisch Forschende sichern ihren Gesprächspartner:innen oftmals Anonymität zu, um einen geschützten, möglichst offenen und vertraulichen Austausch zu ermöglichen. Verfahren der Pseudonymisierung und Anonymisierung kommt daher – bisher vor allem mit Blick auf Publikationen – ein besonderer Stellenwert bei der Umsetzung ethischer Prinzipien zu: Sie sollen die Forschungsbeteiligten schützen und Schaden abwenden, indem sie Rückschlüsse auf die beteiligten Personen verunmöglichen bzw. hochgradig unwahrscheinlich machen. Sie sind damit auch Instrumente, um Anforderungen des Datenschutzes zu erfüllen.[29] Entsprechend stellen Verfahren der Pseudonymisierung und Anonymisierung wesentliche Schritte der Aufbereitung von Material für die Archivierung und Nachnutzung dar.

Während also das Ziel ist, Forschungsbeteiligte zu schützen, ist es aus der Sicht von Personen, die Forschungsmaterial nachnutzen möchten, gleichzeitig wesentlich, möglichst viele für die Interpretation relevante Informationen und damit die Aussagekraft der Forschungsmaterialien weitgehend zu erhalten.[30] Schutzbedarf und potenzielle Nutzungsinteressen müssen entsprechend in jedem Projekt feld- und materialspezifisch ausbalanciert werden. Notwendige Schritte der Pseudonymisierung bzw. Anonymisierung führen Forschende in der Regel selbst und vor der Übergabe des Materials an Qualiservice durch. Qualiservice berät und unterstützt Sie dabei insbesondere mit Blick auf die Erstellung und Abstimmung projektspezifischer Anonymisierungskonzepte. Es trägt zur Vermeidung der Re-Identifizierung von Personen bei, wenn Sie darauf achten, dass Sie in den Forschungsmaterialien sowie in allen Formen der Dokumentation demselben Anonymisierungskonzept folgen. Für die Umsetzung von Anonymisierungsschritten in textgebundenen Materialien bietet Qualiservice mit dem Anonymisierungstool QualiAnon eine teilautomatisierte Unterstützung (Nicolai et al. 2021, Nicolai und Mozygemba 2023) und mit einer Handreichung weitere Hilfestellung an (Mozygemba und Hollstein 2023). Spezifische Fragen können darüber hinaus individuell besprochen werden. Die Pseudonymisierung oder Anonymisierung, die Sie im Material selbst vorgenommen haben, wird bei Qualiservice nach der Datenübergabe nochmals geprüft und, falls erforderlich, vervollständigt.

Mehrsprachigkeit im Material

Ethnografische Forschung findet häufig in Feldern statt, in denen mehrere Sprachen gesprochen werden. Es ist daher üblich, dass im Material zumindest einige Begriffe, Formulierungen und Redewendungen verwendet werden, die für Forschende ohne Vertrautheit mit dem spezifischen Feld nicht unmittelbar verständlich sind. In solchen Fällen kann ein Verzeichnis, in dem relevante fremdsprachige Begriffe erläutert werden, das Verständnis in der Nachnutzung unterstützen. Sofern Sie ganze Schilderungen von Ereignissen, Erzählungen oder Stellungnahmen von Personen in verschiedenen Sprachen notiert haben, können Sie – insbesondere an ausgewählten, besonders wichtigen Stellen im Material – über Zusammenfassungen in deutscher oder englischer Sprache nachdenken.

Vollständige Übersetzungen sind keine Voraussetzung für die Archivierung bei Qualiservice. Sofern Material anonymisiert bzw. pseudonymisiert werden muss, kann durch Qualiservice derzeit eine Überprüfung nur in Deutsch und Englisch garantiert werden. Wenn Material in anderen Sprachen vorliegt, ist eine Rücksprache mit Qualiservice erforderlich – in der Regel müssen Sie selbst dafür Sorge tragen, dass die Anonymisierung bzw. Pseudonymisierung erfolgt ist und die Forschungsmaterialien forschungsethischen wie datenschutzrechtlichen Anforderungen entsprechen. Qualiservice begleitet Sie bei der Umsetzung und arbeitet daran, hierfür angemessene Verfahren weiter zu entwickeln.

Hinweise zur Datenübergabe

Qualiservice begreift die Archivierung und Bereitstellung der Materialien für die Nachnutzung stets als kooperative Aufgabe von Forschungsdatenzentrum und Forschenden, die Material abgeben. Deshalb werden Zugangsformen und Nutzungsbedingungen für das Material gemeinsam besprochen und von den Datengebenden festgelegt.

Bevor Sie Forschungsmaterialien zur Archivierung übergeben, schließen Sie mit Qualiservice eine Übergabevereinbarung ab. Diese Vereinbarung dokumentiert die Ergebnisse von Absprachen zur Bewertung der Sensibilität der Forschungsmaterialien und dem entsprechenden Schutzbedarf, der für verschiedene Materialien unterschiedlich hoch sein kann. Für besonders sensible oder nicht anonymisierbare Forschungsmaterialien etwa können zusätzlich schützende Vorkehrungen getroffen werden. Das kann z.B. auch einschließen, dass Material nur in einem speziell gesicherten Gastwissenschaftler:innenraum vor Ort (On-Site Nutzung) oder erst nach Information bzw. in begründeten Einzelfällen nach individueller Zustimmung der Datengebenden genutzt werden kann. In diesem Zusammenhang werden ggf. auch Sperrfristen (Embargo) festgelegt – Zeiträume, in denen Ihr Material zwar in Katalogen nachgewiesen, aber (noch) nicht von Dritten genutzt werden kann. Damit kann auch sichergestellt werden, dass Sie Ihr Material noch einige Zeit exklusiv bearbeiten können, bspw. weil Qualifikationsarbeiten noch nicht abgeschlossen sind. Sofern z.B. veränderte Bedingungen im Feld, der Feldbeziehungen oder der Schutzbedarfe dies erforderlich machen, können die in der Übergabevereinbarung festgelegten Zugangs- und Nutzungsbedingungen auch nachträglich verändert, also z.B. eine Sperrfrist aufgehoben oder verlängert werden.

Bitte nutzen Sie – unabhängig vom Schutzbedarf – für die Übergabe aller Materialien ausschließlich den besonders gesicherten Upload-Space von Qualiservice. Den Zugang stellt Qualiservice im Übergabeprozess bereit. Nach dem Upload der Materialien über eine gesicherte Verbindung werden Ihre Materialien – abgeschnitten vom Internet – kuratiert. Die Kuration umfasst eine Reihe von Schritten, die sicherstellen, dass das Material dauerhaft aufbewahrt und genutzt werden kann und datenschutzrechtliche Anforderungen erfüllt sind. Dabei wird unter anderem die Anonymisierung bzw. Pseudonymisierung im gesamten Material geprüft und ggf. in Abstimmung mit Ihnen ergänzt. Darüber hinaus nimmt Qualiservice keine Veränderungen am Material vor. Die umfangreiche Kuration erfolgt im so genannten Safe Center vor Ort, das höchste Sicherheitsanforderungen erfüllt und nur für die Kurator:innen zugänglich ist. Die Kuration selbst wird von ausgebildeten Sozialwissenschaftler:innen mit Erfahrungen in der qualitativen bzw. ethnografischen Forschung übernommen. Nach Abschluss der Kuration können Sie den vollständig aufbereiteten Datensatz (Metadaten, Datenkollektionen, Material etc.) noch einmal prüfen. Schließlich vergibt Qualiservice Persistente Identifikatoren (DOI), die für eine nachhaltige Zitierfähigkeit der archivierten Materialien und des Studienreports sorgen.

Bevor Dritte Ihr Material nutzen können, werden wiederum Nutzungsvereinbarungen[31] zwischen dem/der Datennutzer:in und Qualiservice geschlossen. Die Vereinbarungen stellen sicher, dass die Daten entsprechend der Qualiservice-Nutzungsbedingungen verwendet werden. So verpflichten sich Nutzer:innen etwa, Versuche der Re-Identifikation einzelner Personen sowie die Veröffentlichung ganzer Interviewtranskripte zu unterlassen. Zudem werden Löschfristen für das genutzte Material vereinbart.

Zum Schluss: Forschungsdaten archivieren

Ethnografisches Material ist in der Regel sehr reichhaltiges, in weiten Teilen unikales Material, dessen analytischer Gehalt in der primären Forschung häufig nicht ausgeschöpft wird. Es besitzt deshalb in vielen Fällen auch über den ursprünglichen Entstehungs- und Forschungskontext hinaus einen bleibenden Wert. Die Archivierung erlaubt es dann nicht nur, Material unter neuen Fragestellungen und Perspektiven zu analysieren, sondern ermöglicht gleichzeitig den Aufbau eines fachlichen Archivs „neuen Typs“.

Auch wenn die Archivierung digitalen ethnografischen Materials nicht verpflichtend sein kann (DGEKW 2018, DGSKA 2019): Wenn Sie Material archivieren und dessen Nachnutzung ermöglichen können und möchten, finden Sie bei Qualiservice eine angemessene technische Infrastruktur sowie fachlich passende Prozesse und Verfahren, die mit Blick auf material- und projektspezifische Anforderungen flexibel sind. Qualiservice archiviert digitales ethnografisches Material und stellt es unter kontrollierten – und gemeinsam mit Ihnen festgelegten – Bedingungen für die weitere Nutzung in Forschung und/oder Lehre zur Verfügung.

Diese Handreichung basiert auf dem derzeitigen Stand der Archivierungsprozesse bei Qualiservice. Qualiservice arbeitet kontinuierlich – und im Austausch mit Forschenden – an der Verbesserung und Erweiterung seiner Angebote. Wenn Sie über die Archivierung Ihres Materials nachdenken, treten Sie gern mit uns in Kontakt!

Archivierung kompakt[32]

Die folgende Übersicht führt in knapper Form nochmals wesentliche Bereiche zusammen, in denen Sie vorbereitende Arbeitsschritte unternehmen müssen, wenn Sie Forschungsmaterialien bei Qualiservice archivieren möchten. Qualiservice unterstützt und berät Sie bei allen Schritten, kann Ihnen die erforderlichen Vorarbeiten aber nicht abnehmen.

Data Sharing als kooperative Aufgabe von Forschenden und Forschungsdatenzentrum
Forschende legen – ggf. im Austausch mit Forschungspartner:innen – fest, welche Daten und ergänzende Kontextmaterialien archiviert werden. Qualiservice berät bei Projektplanung und Antrag-stellung, inkl. der Kalkulation von Kosten.
Forschende bereiten die Daten im Projekt vor (zentral: Informierte Einwilligung einholen, Daten ggf. anonymisieren / pseudonymisieren, Forschungsschritte und Material dokumentie-ren). Qualiservice bietet fortwährend Beratung und Unterstützung an, um bereits im Forschungs-projekt geeignete Voraussetzungen für die Archivierung zu schaffen.
Forschende legen in der Übergabevereinba-rung fest, wann und unter welchen Bedingun-gen ihr Material genutzt werden kann: Forschung und/oder Lehre, On-Site Nutzung, Sperrfristen etc. Qualiservice übernimmt die Daten und kuratiert sie.
Forschende geben den vollständig aufberei-teten Datensatz frei. Qualiservice stellt die Materialien für die Nach-nutzung zur Verfügung und macht sie sichtbar.
Metadaten

gewährleisten als „Fernglas“ die Auffindbarkeit Ihrer Forschungsdaten (frei zugänglich)

Forschende erfassen Metadaten, die allgemei-ne Angaben und Informationen zum Projekt und zum Material enthalten. Qualiservice stellt ein Online-Formular zur Er-fassung der Metadaten zur Verfügung; überprüft die Eingaben und ergänzt ggf.
Studienreport

vermittelt als „Schaufenster“ einen genauen Eindruck von Inhalt/Umfang des archivierten Materials (frei zugänglich)

Forschende erstellen einen Studienreport. Qualiservice unterstützt und berät bei der Erstel-lung des Studienreports individuell sowie mit einer Handreichung (Heuer et al. 2020) und Good-Practice-Beispielen.
Mikro-Metadaten

vermitteln als „Lupe“ Informationen zu einzelnen Materialien innerhalb einer Datenkollektion (zugänglich nach Registrierung)

Forschende fertigen eine Materialübersicht an, die sie an Qualiservice übergeben. Qualiservice stellt eine Vorlage im Tabellenformat zur Verfügung und erstellt daraus die Mikro-Metadaten. Die Übersicht dient auch als Grund-lage für die Ordnung des Materials in Datenkol-lektionen.
Feldreport

enthält als zusätzlicher „Wegweiser“ z.B. sensible Informationen zum Forschungsverlauf (zugänglich mit Nutzungsvertrag)

Forschende erstellen optional einen Feld-report. Qualiservice unterstützt und berät bei der Erstellung des Feldreports individuell.
Datenschutzrechtliche Anforderungen
Forschende legen eine Dokumentation der Einwilligung der Forschungsbeteiligten für die Archivierung und wissenschaftliche Nach-nutzung des sie betreffenden Materials vor. Qualiservice prüft, ob Anforderungen an die Verarbeitung von Daten und Informationen erfüllt sind und unterstützt im Rahmen von individueller Beratung sowie mit einer Handreichung (Kretzer et al. 2020) und stellt individuell anpassbare DSGVO-konforme Vorlagen für die Einwilligung zur Verfügung.
Pseudonymisierung und Anonymisierung

soll Rückschlüsse auf einzelne Forschungsbeteiligte verunmöglichen bzw. unwahrscheinlich machen

Forschende entwickeln ein Konzept der Pseudonymisierung bzw. Anonymisierung und nehmen entsprechende Schritte im gesamten Material selbst vor. Qualiservice unterstützt mit individueller Beratung, einer Handreichung (Mozygemba und Hollstein 2023) und dem Anonymisierungstool QualiAnon.

Qualiservice prüft die Pseudonymisierung bzw. Anonymisierung nach der Datenübergabe und ergänzt ggf.

Literatur

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Amann, Klaus; Hirschauer, Stefan (1997) Die Befremdung der eigenen Kultur. Ein Programm. In: Dies. (Hg.) Die Befremdung der eigenen Kultur. Zur ethnographischen Herausforderung soziologischer Empirie. Frankfurt a.M.: Suhrkamp, 7–52.

Baumann, Paul; Krahn, Philipp; Lauber-Rönsberg, Anne (2021) Forschungsdatenmanagement und Recht. Datenschutz-, Urheber- und Vertragsrecht. Feldkirch/Düns: Wolfgang Neugebauer Verlag.

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Deutsche Gesellschaft für Empirische Kulturwissenschaft (DGEKW), vorm. Deutsche Gesellschaft für Volkskunde (dgv) (2018) Positionspapier zur Archivierung, Bereitstellung und Nachnutzung von Forschungsdaten. https://dgekw.de/wp-content/uploads/2023/03/dgv-Positionspapier_FDM.pdf. [Zugriff am 16.05.2023]

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Heuer, Jan-Ocko; Kretzer, Susanne; Mozygemba, Kati; Huber, Elisabeth; Hollstein, Betina (2020) Kontextualisierung qualitativer Forschungsdaten für die Nachnutzung – eine Handreichung für Forschende zur Erstellung eines Studienreports. Qualiservice Working Papers 1-2020, Bremen: Forschungsdatenzentrum Qualiservice. https://doi.org/10.26092/elib/166.

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Kretzer, Susanne (2013) Arbeitspapier zur Konzeptentwicklung der Anonymisierungs-/Pseudonymisierung in Qualiservice. https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:0168-ssoar-47605-2.

Kretzer, Susanne; Mozygemba, Kati; Heuer, Jan-Ocko; Huber, Elisabeth (2020) Erläuterungen zur Verwendung der von Qualiservice bereitgestellten Vorlagen für die informierte Einwilligung. Qualiservice Working Papers 2-2020, Bremen: Forschungsdatenzentrum Qualiservice. http://dx.doi.org/10.26092/elib/192.

Lederman, Rena (2016) Archiving Fieldnotes? Placing “Anthropological Records” Among Plural Digital Worlds. In: Sanjek, Roger; Tratner, Susan W. (Hg.): eFieldnotes. The Makings of Anthropology in the Digital World. Philadelphia: University of Pennsylvania Press, 251–271.

Mozygemba, Kati; Kretzer, Susanne (2022) Datenvielfalt im Data-Sharing - eine kooperative Aufgabe von Forschenden und Forschungsdatenzentrum. In: Lohmeier, Christine; Wiedemann, Thomas (Hg.) Datenvielfalt in kommunikationswissenschaftlichen Forschungskontexten. Wiesbaden: Springer VS, 157–178.

Mozygemba, Kati; Hollstein, Betina (2023) Anonymisierung und Pseudonymisierung qualitativer textbasierter Forschungsdaten – eine Handreichung. Qualiservice Working Papers 5, Bremen: Forschungsdatenzentrum Qualiservice. https://doi.org/10.26092/elib/2525.

Nicolai, Tom; Mozygemba, Kati; Kretzer, Susanne; Hollstein, Betina (2021) QualiAnon - Qualiservice tool for anonymizing text data. Qualiservice. University of Bremen. Software available at: https://github.com/pangaea-data-publisher/qualianon.

Nicolai, Tom; Mozygemba, Kati (2023) QualiAnon User Manual, v1.3. Qualiservice Technical Report 2-2023, Bremen. https://doi.org/10.26092/elib/2576.

Oldörp, Christine (2018) Verschriftlichungen? Zur Technizität und Medialität des Sprechens im qualitativen Interview. Zürich: Chronos Verlag.

Ottenberg, Simon (1990) Thirty Years of Fieldnotes: Changing Relationships to the Text. In: Sanjek, Roger (Hg.) Fieldnotes. The Makings of Anthropology. Ithaca: Cornell University Press, 139–160.

RatSWD [Rat für Sozial- und Wirtschaftsdaten] (2020) Handreichung Datenschutz. 2.vollständig überarbeitete Auflage. RatSWD Output 8/6. https://doi.org/10.17620/02671.50.

Sanjek, Roger (Hg.) (1990) Fieldnotes. The Makings of Anthropology. Ithaca: Cornell University Press.

Simon, Michael (2015) Ethnologische Anmerkungen zu Bernd Riekens „Gesprächen mit Einheimischen“ in Galtür. In: Bernd Rieken (Hg.) Wie bewältigt man das Unfassbare? Interdisziplinäre Zugänge am Beispiel der Lawinenkatastrophe von Galtür. Münster: Waxmann, 93–105.

Stodulka, Thomas; Selim, Nasima; Mattes, Dominik (2018) Affective Scholarship: Doing Anthropology with Epistemic Affects. In: ETHOS 46(4), 519–536. https://doi.org/10.1111/etho.12219.

Stodulka, Thomas; Dinkelaker, Samia; Thajib, Ferdiansyah (2019) Fieldwork, ethnography and the empirical affect montage. In: Kahl, Antje (Hg.) Analyzing Affective Societies. Methods and Methodologies. London: Routledge, 279–295.

Tropy (2017) Roy Rosenzweig Center for History and New Media, George Mason University, Fairfax/Virginia. https://www.tropy.org. [Zugriff am 16.05.2023].

Weiß, Anja; Quasinowski, Benjamin; Sommer, Ilka (2022) Study Report “Globalizing medical knowledge and practice”. Transcripts, translation, audiovisual and context material for doctor-patient-interaction videoobserved at university hospitals in Ankara (Turkey), Beijing (PRChina), Groningen (Netherlands) and Würzburg (Germany). Bremen: Forschungsdatenzentrum Qualiservice. https://doi.org/10.26092/elib/1395.

Witzel, Andreas; Reiter, Herwig (2022) Das problemzentrierte Interview - eine praxisorientierte Einführung. Weinheim: Beltz Juventa.


Über Qualiservice.

Das Forschungsdatenzentrum Qualiservice archiviert qualitative sozialwissenschaftliche Forschungsdaten aus unterschiedlichen Disziplinen und stellt sie für die wissenschaftliche Nachnutzung zur Verfügung. Unsere Services sind sicher, flexibel und forschungsorientiert. Sie beinhalten die persönliche und studienspezifische Beratung, die Kuration und Aufbereitung qualitativer Daten für die Nachnutzung und die Langzeitarchivierung ebenso wie die Bereitstellung archivierter Forschungsdaten und relevanter Kontextinformationen. Durch international anschlussfähige Metadaten werden Daten­sätze such- und findbar. Persistente Identifikatoren (DOI) sorgen für eine nachhaltige Zitierfähigkeit von Daten und Studienkontexten.

Im Juni 2019 wurde Qualiservice vom RatSWD akkreditiert und orientiert sich an dessen Kriterien zur Qualitätssicherung. Qualiservice fühlt sich den DFG-Richtlinien zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis verpflichtet und berücksichtigt darüber hinaus die FAIR Guiding Principles for Scientific Data Management and Stewardship sowie die OECD Principles and Guidelines for Access to Research Data from Public Funding.

Das Qualiservice-Konsortium:

Akkreditiert durch

PANGAEA – zertifiziertes Weltdatenzentrum

SOCIUM – Forschungszentrum Ungleichheit und Sozialpolitik

GESIS – Leibniz Institut für Sozialwissenschaften

Fachinformationsdienst Sozial- und Kulturanthropologie (FID SKA)

Staats- und Universitätsbibliothek Bremen

Gefördert von

  1. Im Rahmen des Fachinformationsdienstes Sozial- und Kulturanthropologie (DFG-Förderung) arbeiten das Forschungsdatenzentrum Qualiservice an der Universität Bremen und die Universitätsbibliothek der Humboldt-Universität zu Berlin seit 2019 gemeinsam an der Entwicklung angemessener Verfahren für die Archivierung und Nachnutzung ethnografischen Materials. Die Autorinnen danken den Mitgliedern des Beirats des FID SKA sowie weiteren Kolleg:innen – insbesondere Hansjörg Dilger, Igor Eberhard, Lina Franken, Wolfgang Kraus, Martina Röthl, Birgitt Röttger-Rössler, Franz Templin und Larissa Vetters – für Hinweise und konstruktive Kritik.
  2. Den Leitlinien zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis der DFG zufolge sollen Forschungsdaten für einen angemessenen Zeitraum – in der Regel wird dabei an zehn Jahre gedacht – aufbewahrt werden (Deutsche Forschungsgemeinschaft 2022). Hier können auch institutionelle Angebote, z.B. Repositorien einzelner Forschungseinrichtungen Unterstützung leisten. Häufig können diese jedoch spezifische Anforderungen – gerade mit Blick auf ethnografisches Material – nicht ausreichend erfüllen. Auch kann eine Langzeitarchivierung über zehn Jahre hinaus oft nicht gewährleistet werden.
  3. Dies betonen auch die Fachgesellschaften der ethnologischen Fächer in ihren Positionspapieren zum Umgang mit Forschungsdaten (vgl. DGEKW/dgv 2018 und DGSKA 2019).
  4. Beispielhaft genannt sei die Arbeit von Christine Oldörp, die im Rahmen einer Sekundäranalyse von Material aus dem Forschungsprojekt “Kultur, Alltag und Wandel der Technik im Spiegel biographischer Erfahrungen der Gegenwart” (Thomas Hengartner, Hans Joachim Schröder,1999-2001) untersucht hat, wie im Frage-Antwort-Muster ethnografischer Interviews Sprach- und Handlungsräume ausgehandelt werden (Oldörp 2018).
  5. Formen der systematischen Verbalisierung werden gleichwohl auch explizit empfohlen, z.B. im Rahmen eines Emotionstagebuchs (Stodulka, Samia und Ferdiansyah 2019). Das Medium soll Forschenden dabei helfen, sich ihrer Emotionen, Affekte und Gefühle im Forschungsprozess bewusst zu werden, indem diese vor und während des Aufenthalts im Feld möglichst systematisch erfasst und genau beschrieben werden.
  6. https://www.forschungsdaten.info/themen/beschreiben-und-dokumentieren/datendokumentation/ [Zugriff am 16.05.2023]
  7. Für die Erstellung eines DMPs können ggf. strukturierte Online-Fragenkataloge genutzt werden. Weitere Informationen sowie Links z.B. unter https://www.forschungsdaten.info/themen/informieren-und-planen/datenmanagementplan/ [Zugriff am 16.05.2023]
  8. Datenportale wie etwa DataCite ermöglichen die Suche nach Datensätzen über mehrere Repositorien hinweg. Bei Qualiservice archivierte ethnografische Forschungsdaten können z.B. auch im Fachportal EVIFA des Fachinformationsdienstes Sozial- und Kulturanthropologie gefunden werden. [Zugriff am 16.05.2023]
  9. Vgl. z.B. die Metdaten zur Studie: Hornidge, Anna-Katharina; Barragán-Paladines, María José; Broocks, Anne-Katrin; Zimmer, Martin (eds.) (2021): Mangroves and Meaning-Making: A mutual relationship over time? Ethnographic Data. Qualiservice, PANGAEA, https://doi.org/10.1594/PANGAEA.929747
  10. Wenn z.B. konkrete Orte in den – frei zugänglichen – Metadaten nicht benannt werden sollen, kann auch die Erfassung größerer territorialer Einheiten (z.B. Staaten) in Erwägung gezogen werden.
  11. Das Qualiservice-Metadatenschema findet sich unter https://wiki.pangaea.de/wiki/Qualiservice_Data_Model [Zugriff am 16.05.2023]
  12. https://elib.suub.uni-bremen.de/html/studienmetadaten.htm [Zugriff am 16.05.2023]
  13. Die Forschungsdaten aus der Mixed-Methods Studie von Achim Goerres et al. (2020) wurden beispielsweise bei Qualiservice (qualitatives Material) und GESIS – Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften (quantitative Daten),
    archiviert. Siehe hier die Metadaten für die qualitativen Daten: https://doi.org/10.1594/PANGAEA.919342
  14. https://www.qualiservice.org/de/qsearch.html [Zugriff am 09.10.2023]
  15. https://www.maxqda.com [Zugriff am 16.05.2023].
  16. https://www.laurenceanthony.net/software [Zugriff am 16.05.2023]
  17. Die Registrierung erfolgt derzeit über ein Online-Formular beim Informationssystem PANGAEA, das die technische Infrastruktur für Qualiservice bereitstellt. Anschließend können die Mikro-Metadaten eingesehen werden. [Zugriff am 16.05.2023]
  18. https://atlasti.com/de [Zugriff am 12.09.2023]
  19. Nach wie vor sind viele Fragen in diesem, aber auch in anderen Bereichen nicht ausreichend geklärt. Qualiservice arbeitet hier gemeinsam mit anderen Forschungsdatenzentren und im Rahmen des NFDI-Konsortiums KonsortSWD kontinuierlich an der Verbesserung seiner Angebote.
  20. Die Einwilligung kann zu verschiedenen Zeitpunkten im Forschungsprozess eingeholt werden. Ein Überblick zu Bedeutung und Verwendung der Informierten Einwilligung in der ethnologischen (Feld-)Forschung findet sich in Huber und Imeri (2021).
  21. Z.B. im Rahmen der sog. Interessensabwägung (Art. 6 Abs. 1 lit. f. DSGVO).
  22. Siehe https://www.qualiservice.org/de/datenschutz.html [Zugriff am 16.05.2023].
  23. Das kann z.B. geschehen, indem die mündliche Zustimmung aufgezeichnet wird (vgl. Benner und Löhe 2019). In der Forschungspraxis ist es durchaus üblich – und manchmal auch nicht anders umsetzbar –, dass zusätzlich zu ggf. erforderlichen offiziellen Forschungsgenehmigungen von Behörden oder Institutionen einzelne Personen zwar informell über Zwecke und Anliegen der Forschung informiert werden und Akte der Zustimmung erfolgen, die aber nicht aufgezeichnet werden können (vgl z.B. Dilger 2017). Es sollte dann gesondert notiert werden, wer wann wozu eine Einwilligung gegeben hat und worüber genau informiert worden ist.
  24. Es sollten z.B. nach Möglichkeit keine PDFs an Qualiservice übergeben werden. Wir empfehlen für Textdokumente TXT, RTF, ODT, DOCX, für Fotos TIFF, JPEG, JPEG2000, für Videos MPEG-4, MP4, für Audio WAV, MP3, für Zitate RIS oder Bibtex. Während der Kuration wandeln wir die Formate ggf. in langzeitarchivierungsfähige Formate um. Darüber hinaus ist z.B. auch die Bewertung unterschiedlicher technischer Dateiformate der Schweizerischen Koordinationsstelle für die dauerhafte Archivierung elektronischer Unterlagen (KOST) hilfreich: https://kost-ceco.ch/cms/kad_main_de.html [Zugriff am 16.05.2023]. Eine weitere Bewertungsmatrix findet sich im Wiki der Fachstelle Forschungsdatenmanagement und Datenerhalt der ETH-Bibliothek Zürich unter https://documentation.library.ethz.ch/display/DD/Archivtaugliche+Dateiformate [Zugriff am 16.05.2023].
  25. Innerfachlich abgestimmte Kriterien oder Empfehlungen existieren in den ethnologischen – und auch anderen – Fächern bisher nicht.
  26. Siehe z.B. Weiß, Anja; Sommer, Ilka; Chen, Wei; Liu, Tao; Guo, Fan; Liu, Wenting (2021): Globalizing medical knowledge and practise. Doctor-patient-interaction videoobserved at a university hospital in Beijing (PRChina). Transcripts, translation, audiovisual and context material. PANGAEA: https://doi.org/10.1594/PANGAEA.939235
  27. https://www.tropy.org [Zugriff am 16.05.2023]
  28. Ähnlich wie Feldtagebücher kann auch autoethnografisches Material unter spezifischen Sicherheitsmaßnahmen archiviert und zur wissenschaftlichen Nachnutzung bereitgestellt werden. Siehe beispielsweise dieses bei Quali-service archivierte Projekt: Domsel, Maike Maria (2021): „Leben! Freiheit! Gott?!“ – Die spirituelle Wanderschaft einer Religionslehrerin. Autoethnographische Materialien. https://doi.org/10.1594/PANGAEA.933316
  29. Die DSGVO (Erwägungsgrund 26) legt nahe, dass Daten als anonym gelten, wenn sie faktisch anonymisiert sind, d.h. wenn identifizierende Informationen über Personen entfernt oder so verändert wurden, dass „ein Personenbezug nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand wiederhergestellt werden kann“ (RatSWD 2020, 18, vgl. Mozygemba und Hollstein 2023). Auch bei der Pseudonymisierung werden personenbezogene Informationen im Material verändert. Eine Schlüsseldatei ermöglicht jedoch, dass sie einer Person wieder zugeordnet werden können.
  30. Qualiservice hat deshalb das Konzept der flexiblen Anonymisierung entwickelt, das es erlaubt, mit Blick auf eine konkrete Nutzungsanfrage Abstraktionsebenen anzupassen, bevor Material zur Nutzung freigegeben wird (Kretzer 2013).
  31. Projektspezifische Anpassungen können seitens der Datengebenden vorgeschlagen und vereinbart werden.
  32. Edit Icon erstellt von zafdesign, https://www.flaticon.com/de/kostenloses-icon/bearbeiten_4803228 [Zugriff am 11.09.2023]
    Archiv Icon erstellt von Kiranshastry, https://www.flaticon.com/de/kostenloses-icon/archiv_711729 [Zugriff am 11.09.2023]